Zusammenfassung:
Projekt im Maschinenbau und Anlagenbau unterscheiden sich in einigen Aspekten. Gerade beim Projektmanagement gilt das zu berücksichtigen.
Aus meiner Sicht gibt es die folgenden Unterschiede:
- Auftraggeber
Im Maschinenbau ist oft das Produktmanagement der Auftraggeber, im Anlagenbau haben wir einen echten Kunden. - Team
Im Anlagenbau ist das Team, das das Angebot erstellt oft ein anderes, als das, das das Projekt umsetzt. - Hitrate
Im Anlagenbau wird nicht jedes Angebot zum Auftrag. Es gilt den Aufwand für die Erstellung einer Planung so zu gestalten, dass er vernünftig ist.
Diese Unterschiede führen dazu, dass einige Dinge im Projektmanagement berücksichtigt werden sollten:
- Aufwände für die Kundenschnittstelle berücksichtigen
- Angebotsschnittstelle in der Organisation gut abbilden
- Aufwand für Projektierung ausbalancieren
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Hier geht es zur Episode:
Maschinenbau und Anlagenbau – Wie unterscheiden sich die Projekte?
Im Podcast habe ich Dir ja neulich eine, vielleicht etwas provokative Frage gestellt:
Hast Du es eigentlich mit einem Projekt zu tun?
Oder vielleicht mit etwas anderem?
Und du erinnerst Dich, dass ich durchaus der Meinung bin, dass es Vorhaben gibt, die man klassisch als Projekt bezeichnen kann und andere, die einen sehr hohen Anteil an Wiederholbarkeit haben und nicht so komplex sind. Und wir haben dann im weiteren Verlauf diese Vorhaben als Auftrag bezeichnet.
Ich möchte den Gedanken, nämlich dass ganz unterschiedliche Vorhaben gibt, in dieser Episode noch etwas vertiefen. Die Art und Weise wie man Vorhaben bzw. Projekte abwickelt hängt nämlich nicht nur von Wiederholbarkeit und der Komplexität eines Vorhabens ab, sondern auch ganz wesentlich vom Umfeld und um was es geht.
In dieser Episode möchte ich Dir erklären, welche Unterschiede es zwischen Projekten im Maschinenbau und im Anlagenbau gibt.
Du wirst in diesem Blogpost erfahren:
- Was meine ich eigentlich mit Projekten im Maschinenbau und im Anlagenbau
- Worin unterscheiden sich solche Projekte
- Was bedeutet das für das Projektmanagement
Projekte im Maschinenbau und Anlagenbau
Dann lass uns zunächst mal klären worüber wir eigentlich sprechen, damit wir im Folgenden die gleichen Bilder im Kopf haben.
Zunächst möchte ich mal die beiden Bereiche Maschinenbau und Anlagenbau auseinanderhalten.
Projekte im Maschinenbau
Der Maschinenbau, bzw. Unternehmen, die im Maschinenbau tätig sind, beschäftigen sich mit der Entwicklung, Konstruktion und Produktion von Maschinen. Das können Maschinen sein, die dann anschließend in großer Stückzahl hergestellt werden – das nennen wir dann Serienproduktion – oder Maschinen, die in ganz kleiner Stückzahl, bis hin zu Stückzahl 1 produziert werden.
Diese Maschinen können mal ganz kleine sein, und mal groß und Komplex, aber es sind für sich stehende Maschinen.
Wichtig ist mir: wenn ich heute hier über Projekte im Maschinenbau spreche, dann meine ich Produktentwicklungsprojekte. In solchen Projekten werden Maschinen entwickelt, konstruiert und in Produktion gebracht und das ist ein ganz klassisches Produktentwicklungsprojekt.
Projekte im Anlagenbau
Im Anlagenbau sieht die Welt ein wenig anders aus. Unternehmen, die im Anlagenbau tätig sind, projektieren Anlagen. Das heißt, sie entwickeln Prozesse und setzen diese dann in Form von Anlagen um.
In der Regel werden technische Komponenten genommen und zu einem Gesamtsystem kombiniert, das dann in der Lage ist eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Oftmals sind das dann Anlagen in der Verfahrenstechnik, in der Energietechnik oder so.
Wichtig: Im Gegensatz zu Projekten im Maschinenbau haben wir es im Anlagenbau NICHT mit Produktentwicklung zu tun, sondern um das Konzipieren von Prozessen und Abläufen und kombinieren von zumeist bereits vorhandenen technischen Komponenten.
Unterschiedliche Projekte brauchen unterschiedliche Betriebsarten
Und du siehst, das sind zwei ganz grundsätzlich unterschiedliche Dinge und das schlägt sich natürlich auch in der Art und Weise nieder, wie solche Projekte durchgeführt werden.
Eine Sache sollten wir noch mal kurz beleuchten, weil ich sie für wichtig halte. Sehr oft ist es so, dass Unternehmen im Anlagenbau sehr viele Ihrer technischen Komponenten, die sie dann später zu einer Anlage zusammen fügen, selbst entwickeln. Das heißt, sie sind als „Maschinenbauer“ tätig und betreiben Produktentwicklung und haben damit Produktentwicklungsprojekte. Das ist deswegen wichtig, weil solche Unternehmen zwei, „Betriebsarten“ für Projekte beherrschen dürfen.
Nämlich die Betriebsart „Anlagenprojekte“ und die Betriebsart „Produktentwicklungsprojekte“
Unterschiede solcher Projekte
Kommen wir mal zu den Unterschieden. Ich sehe einige Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Projekten, die ich dir im Folgenden erläutern möchte.
Der Auftraggeber
Bei Produktentwicklungsprojekten ist der Auftraggeber in der Regel im eignen Haus. Mal ist es das Produktmanagement, mal der Vertrieb oder der Geschäftsführer oder eine andere leitende Person, die ein neues Produkt in Auftrag gibt.
Das Lastenheft, bzw. die Anforderungen an das Ergebnis leiten sich aus den Marktanforderungen und der geplanten Anwendung ab. In solchen Projekten müssen wir selbst überlegen, was das Produkt können soll und welche für welche Anwendungen es geeignet sein soll. Und am Ende müssen wir auch selbst (also wir als Unternehmen) das Ergebnis abnehmen.
In Projekten des Anlagenbaus ist in der Regel der Auftraggeber fast immer ein externer Auftraggeber bzw. Kunde und das hat nun einige Konsequenzen:
1. Der Kunde beschreibt die Anforderungen
Wir bekommen von unserem Kunden gesagt, welche Anforderungen an das Produkt gestellt werden (wenn alles gut geht, in vielen Fällen leider auch nicht). Das bedeutet, dass wir uns in die Anwendung des Kunden hineindenken dürfen und verstehen, was ihm ganz Speziell wichtig ist und was vielleicht weniger.
2. Kommunikation mit dem Kunden ist erforderlich
Wir brauchen zusätzlich einen Kommunikationspfad „nach außen“ zu unserem Kunden. Wir berichten also zum einen an unsere internen Auftraggeber (das sind diejenigen, die uns intern das Projekt übertragen haben) und zum anderen an unseren externen Kunden.
Mit unterschiedlichem Inhalt, unterschiedlichem Fokus und unterschiedlicher Zielsetzung. Das gilt es bei der Kommunikationsplanung zu berücksichtigen.
3. Kundenprozesse müssen bedient werden
Wir haben, zumindest teilweise, die Prozesse unseres Kunden zu bedienen, was es gelegentlich komplizierter macht und natürlich auch Aufwand erzeugt.
Das Team
In Produktentwicklungsprojekten haben wir ein Projektteam, das von Anfang bis Ende verantwortlich ist. Alle Phasen eines Projektes liegen in der Hand des Projektteams.
Im der Regel wird das Projektteam damit beauftragt, das Projekt vorzubereiten, zu planen und dann auch durchzuführen, sozusagen alles aus einer Hand.
In Projekten im Anlagenbau haben wir meistens eine Schnittstelle in diesem Prozess und diese Schnittstelle ist der Punkt im Projekt an dem der Kunde beauftragt. Schauen wir uns dazu mal an, was da genau passiert.
Zunächst fragt der potenzielle Kunde bei uns an. Und das macht er nicht nur bei uns, sondern in der Regel auch bei Wettbewerbern um den für sich besten Lieferanten zu finden (welche Kriterien das auch immer sind). Wir beginnen nun mit der Bewertung der Anforderungen und starten mit der Projektierung, das heißt wir überlegen uns, wie das Projekt ablaufen könnte. Das ist notwendig, weil wir sonst kein gutes Angebot machen können.
Oftmals passiert nun nach der Abgabe des Angebotes eine Zeit lang nichts und irgendwann beauftragt der Kunde dann hoffentlich. Das Projekt beginnt und wird umgesetzt, aber in der Regel von einem anderen Team, als dasjenige, dass die Projektierung gemacht hat.
Für dich als Projektleiter bedeutet das, dass Du die Planung eines anderen umsetzen darfst und das führt natürlich zu einer Menge besonderer Effekte:
1. „Not invented here“-Effekt
Diesen Effekt beobachte ich sehr oft. Die Planung wird vom Projektteam nicht akzeptiert, weil es nicht daran glaubt, weil das Team eben die Planung nicht selbst erstellt hat. Sehr oft wird dann eine andere, eine eigene Planung erstellt, die nicht selten ganz anders aussieht.
2. Unsauberkeiten in der Planung
Dieser Punkt ist die andere Seite des „Not-invented-here“-Effektes. Da das Team, das die Planung des Projektes diese Planung nicht umsetzen muss schleichen sich oft Unsauberkeiten ein.
Ich möchte hier nicht von Planungsfehlern sprechen, so weit möchte ich nicht gehen. Ich beobachte es allerdings oft, dass Teams, die Ihre eigene Planung auch selbst umsetzen sollen diese sorgfältiger und meistens auch realitätsnaher machen.
3. Wissen geht verloren
Durch die Schnittstelle und die Übergabe der Verantwortung geht im Projekt sehr oft Wissen verloren.
Annahmen und Vereinbarung, die in der frühen Planungsphase als Basis gegolten haben, wurden nicht dokumentiert und damit auch nicht an das Projektteam, das das Projekt dann umsetzten darf, übergeben.
Du kannst dir vorstellen, dass das immer wieder zu Problemen führt.
Die Hitrate
Die Hitrate ist im Anlagenbau besonders wichtig. Sie beschreibt die Rate, den Anteil an tatsächlich gewonnenen Aufträgen. Nicht alle Projekte im Anlagenbau werden beauftragt, d.h. wir haben eine Hitrate.
Und damit verbunden natürlich auch ein gewisser Anteil an Angeboten, die nicht zum Auftrag werden. Und genau diese Situation bringt eine Spezialität mit sich.
Der Aufwand um die Angebote zu erstellen, die nicht zum Auftrag werden, ist nutzlos verpufft, denn dafür bekommst Du und dein Unternehmen kein Umsatz und auch kein Gewinn.
Das ist im Maschinenbau meistens nicht so. Wir haben sehr oft mit klassischen Produktentwicklungsprojekten zu tun, die dann in einer Serienproduktion münden. Und da ist die Situation natürlich anders.
Was bedeutet das für das Projektmanagement
Was bedeutet das nun für Projekte im Anlagenbau? Worauf ist zu achten, wenn man solche Projekte macht? Was sind die Spezialitäten?
Mir fallen da 3-4 Dinge ein auf die Du achten solltest.
Aufwand für die Projektierung ausbalancieren
Das kommt aus der Situation, dass eben nicht jedes Angebot, das wir projektieren zum Auftrag wird. Du darfst also in solchen Projekten ein ganz besonderes Auge darauf haben, wie viel Aufwand Du in die Projektierung und damit in die Planung steckst.
Der Aufwand sollte so hoch sein, dass eine zuverlässige Planung entsteht, die später auch eingehalten werden kann, sie sollte also realistisch sein und gleichzeitig sollte der Aufwand so gering sein, dass er dich nicht schmerzt, wenn das Angebot nicht zum Auftrag, nicht zum Projekt wird.
Ich habe hier keine klare Regel für Dich. Das hängt sehr stark von deiner Branche ab, in der Du tätig bist, von der Hitrate, den Projekten, den Anlagen, usw. Es gilt eben ein ganz besonderes Auge darauf zu haben und hier immer wieder nach zu justieren.
Aufwände für Kundenschnittstelle berücksichtigen
Da wir es im Anlagenbau immer mit einem externen Kunden zu tun haben, solltest du auch die Aufwände, die durch diese Schnittstelle entstehen in der Planung berücksichtigen.
Wie oft finden Abstimmungen mit dem Kunden statt? Was soll da besprochen werden? Wer wird dafür benötigt? Wie hoch ist der Aufwand für Vorbereitung und Nachbereitung?
All das sind Fragen, mit denen Du den zusätzlichen Aufwand für die Kundenschnittstelle ermitteln kannst.
Ob dieser Aufwand dann explizit im Angebot aufgeschlüsselt ist, ist wieder eine andere Frage (oft ist das eben nicht der Fall), aber du solltest ihn kennen.
Schnittstelle sauber in der Organisation abbilden
Das habe ich eben schon kurz angeschnitten, als ich über die Schnittstelle im Ablauf solcher Projekte gesprochen habe. Es gibt ein Team, das die Projektierung macht und eines, das dann das Projekt abwickelt. Du solltest dir hier Gedanken machen, wie du diese Schnittstelle gestalten willst.
Wie wird die Projektierung, die durch das „Projektierungsteam“ erstellt wird, durch das Umsetzungsteam abgenommen? Wie erfolgt das Akzeptieren der Planung? Wer ist wann involviert? Wie wird dokumentiert und wie wird das übergeben? Wer ist bis wann verantwortlich?
Diese Fragen solltest Du für Deine Projekte und Dein Unternehmen durchdenken um diese Schnittstelle möglichst problemlos zu gestalten.
Du siehst, es gibt einige Unterschiede und Besonderheiten in Projekten im Anlagenbau. Gar nicht so sehr im Projektmanagement – auch hier haben wir vermutlich eine Projektstruktur, einen Terminplan, usw. – aber durch die spezielle Situation, dass ein Kunde zunächst ein Angebot einfordert und dann erst später – vielleicht – eine Umsetzung stattfindet, ergeben sich eben bestimmte organisatorische Themen, die es zu berücksichtigen gilt.
Profitiere von meiner Vorarbeit
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Danke für die Erläuterung von Unterschiede zwischen Maschinen- und Anlagenbau. Das sind zwei verschiedenen Komponenten vom Engineering, die aber für ein gemeinsames Ziel kombiniert werden können. Vor allem für die Entwicklung von effizientere Maschinen.
Das ist genau das, was ich zu zum Thema Maschinen- und Anlagenbau gesucht habe. Ich werde es morgen mit meinem Bruder besprechen, der auch viel über dieses Thema weiß. Mal sehen, ob er mir noch mehr Tipps geben kann!
Interessant, dass man, im Gegensatz zu Projekten im Maschinenbau, nicht mit Produktentwicklung zu tun hat. Der Unterschied zwischen Maschinenbau und Anlagenbau war mir nicht so klar. Seit einiger Zeit überlege ich mir eine Karriere im Bereich Maschinenbau. Dein Beitrag war mir diesbezüglich sehr hilfreich, danke!
Vielen Dank für das Feedback.
Ich mag eine Sache vielleicht noch etwas präzisieren. Unternehmen, die im Anlagenbau sind, haben durchaus oft auch Produktentwicklungsprojekte. In denen sie nämlich die Komponenten und Anlagen entwickeln, die sie dann in ihren Kundenprojekten verbauen. Aus meiner Sicht können für beide Bereiche aber unterschiedliche Regeln für die Projektarbeit gelten.
Projektierung soll sehr präzise und komplex sein. Es betrifft sowohl den Maschinenbau als auch den Anlagenbau. Ich wusste nicht, dass die Abläufe und Prozesse mit technischen Komponenten verbunden sind. danke für den Beitrag!
Ich habe nicht gewusst, dass Unternehmen Prozesse beim Anlagenbau entwickeln. Heißt das dann, dass solche Prozesse beim Maschinenbau umgesetzt werden? Ich interessiere mich mit diesem Thema. Sehr wichtig beim Maschinenbau ist es auch, die richtigen Drehteile und Materialien zu haben.
Vielen Dank für diesen Artikel, der die Unterschiede von Projekten im Maschinen- und Anlagenbau gegenüberstellt. Gerade die Zusammenfassung fand ich sehr hilfreich. Ich werde mir merken, dass man beim Anlagenbau mit einem echten Kunden zu tun hat, wohingegen im Maschinenbau oft das Produktmanagement der Auftraggeber ist.